TOP 20
Vom Scherenschnittfilm bis zum Anime, vom Kinderjux bis zur Avantgarde: die unterschätzten Perlen des Animationskinos, chronologisch geordnet und mit Altersempfehlung.
1 von 20
"Die Abenteuer des Prinzen Achmed" (D 1926)Der erste abendfüllende Trickfilm war nicht Disneys "Schneewittchen", sondern dieses filigran geschnippelte Orientabenteuer der deutschen Scherenschnittkünstlerin Lotte Reiniger (1899-1981) - eine Tatsache, die allerdings lange Zeit kaum jemanden zu interessieren schien. Zwei Jahrzehnte nach ihrem Tod kam es aber zu einer kleinen Reiniger-Renaissance, das Gesamtwerk der Königin des "Silhouettenfilms" liegt inzwischen auf DVD vor. (Altersempfehlung: ab 6)
2 von 20 G+J Entertainment Media / Studiocanal
"Der König und der Vogel" (F 1952/1980)Eine Schloss wie eine gigantische Stadt, ein riesiger Roboter, Geheimpolizisten überall und dazu auch ein bisschen Kitsch: Die französische Politparabel von Animator Paul Grimault und Poet Jacques Prévert (Drehbuch zu "Kinder des Olymp") wirkt heute wie ein vergessener Anime. 1952 kam die Andersen-Verfilmung gegen Grimaults Willen in einer halbfertigen Version ins Kino, seinen "Director‘s Cut" konnte er erst 28 Jahre später nachreichen. (Altersempfehlung: ab 6)
3 von 20 Studiocanal
"The Little Norse Prince" Jap. 1968)Am ersten Kinofilm von Regisseur Isao Takahata ("Die letzten Glühwürmchen") zeichnete auch Hayao Miyazaki ("Chihiros Reise ins Zauberland") mit - 17 Jahre, bevor die Freunde ihr Studio Ghibli gründeten. Die Auftakt des im hohen Norden spielenden Märchens ist fulminant (Wölfe, Steinriesen, Action!). Später schimmert mitunter das geringe Budget durch (etwa wenn Massenszenen als Standbild-Montage wiedergegeben werden). Eine deutsche Fassung liegt bislang nicht vor, Neugierige greifen zur Import-DVD. (Altersempfehlung: ab 10)
4 von 20 Ascot Elite Home Entertainment
"Coon Skin" (USA 1975)Als hätte Quentin Tarantino "Roger Rabbit" inszeniert: Regisseur Ralph Bakshi, der auch "Fritz the Cat" und die halbgare "Herr der Ringe"-Trickversion drehte, hält diese deftige Blaxploitation-Satire für seinen besten Film, und er hat Recht. In dem Real-/Trickfilmmix spricht Soul-Sexgott Barry White einen bärigen Ganoven. (Altersempfehlung: ab 16)
5 von 20
"Allegro non troppo" (I 1976)Eine Katze irrt zu Sibelius "Valse triste" durch ausgebrannte Ruinen, zu Ravels "Bolero" mutiert das Leben vor sich hin - von einer Katastrophe zur nächsten. Mit "Allegro non troppo" schuf Bruno Bozzetto ("Herr Rossi") ein wunderbar galliges Gegenstück zu Disneys "Fantasia". Großer Wermutstropfen: die infantilen Realfilmszenen zwischen den Trickepisoden. (Altersempfehlung: ab 10)
6 von 20
"Die Hunde sind los" (GB/USA 1982)Zwei gemarterte Hunde entkommen aus einem Labor und werden wegen einer Falschmeldung als Überträger der Beulenpest gejagt. Trotz sprechender Tiere ist das Trickdrama des "Watership Down"-Teams alles andere als niedlich. Bereits der Auftakt geht an die Nieren, das Ende erst recht. In Deutschland ist der Film leider nur "entschärft" erhältlich. (Altersempfehlung: ab 10)
7 von 20 Eureka Entertainment
"The Adventures of Mark Twain" (USA 1985)Kurz bevor Mark Twain 1835 zur Welt kam und kurz bevor er sie 1910 verließ, erschien der Halley'sche Komet am Himmel. Der Autor hatte sogar vorausgesagt, dass er sich mit dem Kometen verabschieden würde. Der US-Animator Will Vinton ließ sich davon zu einem Knet-Trickabenteuer inspirieren, in dem der greise Twain durchs All reist. Berüchtigt (und im Netz weitverbreitet) ist der verstörende Auftritt des von den Menschen angewiderten Satans. Die DVD gibt's nur als Import. (Altersempfehlung: ab 10)
8 von 20 Universum Film GmbH
"Tränen der Erinnerung - Only Yesterday" (Jap. 1991)Während eines Urlaubs jenseits vom Trubel Tokios schwelgt die Angestellte Takeo in Kindheitserinnerungen und verliebt sich. Das wunderschön animierte Drama von Isao Takahata ("Die letzten Glühwürmchen", "Pom Poko") ist unaufgeregt, aber nie langweilig, herzlich, aber nie rührselig. In Japan ein großer Kinoerfolg, blieb der ungewöhnlich realistische Anime im Westen eher unbekannt. (Altersempfehlung: ab 10)
9 von 20 RapidEyeMovies
"Robotic Angel" (Jap. 2001)Auch bekannt als "Metropolis": Der skurrile Sci-Fi-Krimi bedient sich locker bei einer Story von Manga-Übervater Osamu Tezuka, der sich wiederum vom Plakat zu Fritz Langs Zukunftsklassiker inspirieren ließ. Kulleräugige Figuren irren zu nostalgieseligem Jazz durch die wohl faszinierendste aller Trickfilmstädte. (Altersempfehlung: ab 10)
10 von 20 Universum Film GmbH
"Millennium Actress" (Jap. 2001)Der kaum bekannte, neben dem Sci-Fi-Thriller "Paprika" aber beste Film des früh verstorbenen Anime-Meisters Satoshi Kon (1963-2010). Ein Fernsehjournalist und sein Kameramann ergründen die Geheimnisse einer enigmatischen Leinwanddiva. Kon ("Perfect Blue", "Tokyo Godfathers") nutzt die Möglichkeiten des Animationsfilms für ein kunstvolles und kurzweiliges Spiel mit Metaebenen. (Altersempfehlung: ab 10)
11 von 20 RapidEyeMovies
"Mind Game" (2004)Um das japanische Studio 4°C ist es leider etwas ruhig geworden, Mitte der Nullerjahre war es aber die frechste und experimentierfreudigste Trickschmiede der Welt. Diese Thrillergroteske um alte Liebe, neue Chancen, brutale Yakuza und Gott persönlich (ganz großer Auftritt!) ersetzt locker eine XXL-Packung LSD. (Altersempfehlung: ab 16)
12 von 20 Premiere / Sky
"Tekkonkinkreet" (Jap. 2006)Noch ein unterschätzter Knaller aus dem Studio 4°C und wohl der erste "wichtige" Anime, der größtenteils von einem Westler inszeniert wurde, nämlich dem Kanadier Michael Arias. Im pittoresk-verranzten "Schatzviertel" kämpfen die Straßenkids Schwarz und Weiß (= Yin und Yang) gegen einen Immobilienhai, Lohnkiller und die Ungeheuer des eigenen Unterbewusstseins. (Altersempfehlung: ab 12)
13 von 20 WVG Medien
"Sword of the Stranger" (Jap. 2007)Japan um 1500: Ein Ronin steht einem kleinen Jungen bei, der von chinesischen Kriegern verfolgt wird. Die an Kurosawas Samuraifilme, aber auch an klassische Western angelehnte Geschichte besticht durch coole Charakteren (darunter ein abendländischer Killer mit Prinzipien), vor allem aber durch atemberaubend dynamische Actionszenen mit verblüffenden Realfilmeffekten (Reißschwenks, Wackelkamera). (Altersempfehlung: ab 16)
14 von 20
"Sita Sings the Blues" (USA 2008)Die US-Animatorin Nina Paley erzählt das "Ramayana" als 20er-Musical mit feministischer Note nach, lässt das indische Epos von coolen Scherenschnittfiguren kommentieren und schildert nebenbei das schmerzhafte Scheitern der eigenen Fernbeziehung. Das hintergründige, optisch überwältigende Spiel mit Erzählebenen trickste Paley fast komplett am eigenen Computer - und stellte es gratis ins Netz. Wer die Künstlerin unterstützen will, kauft die DVD. (Altersempfehlung: ab 12)
15 von 20 www.idiotsandangels.com
"Idiots & Angels" (USA 2008)Einem absoluten Dreckskerl wachsen plötzlich Flügel. Wird das Ekel zum Engel? Schon, aber über einen Umweg, denn erst einmal machen ihn die Schwingen nur zum Außenseiter... Wohl der poetischste Film vom Alternative-Animator Bill Plympton ("Mutant Aliens", "Hair High"). Ein giftiges Gleichnis, dessen Bleistiftoptik nur so vor Leben vibriert. (Altersempfehlung: ab 14)
16 von 20 Pandastorm Pictures
"Das Geheimnis von Kells" (B/Irl./F 2009)Man könnte dem Iren Tomm Moore und seinem Team vorwerfen, sie hätten dem Design mehr Aufmerksamkeit geschenkt als der Story. Nur: Das Design ist hier die Story. Inspiriert vom "Book of Kells", einem Meisterwerk der mittelalterlichen Buchmalerei, betört der Film mit klaren und zugleich floral verschlungenen Zeichnungen - ein schönes Sinnbild für die verschmolzenen heidnischen und christlichen Traditionen Irlands, aus denen so viele Geschichten hervorgewuchert sind. Das heitere Abenteuer endet überraschend düster. (Altersempfehlung: ab 8)
17 von 20 Optimum Releasing
"A Town Called Panic" (B/Lux/F 2009)Der bekiffte belgische Cousin von "Toy Story": Im Kinofilm zur surrealen TV-Serie "Panik in der Pampa" erleben aufgedrehte Spielzeugfiguren abgedrehte Abenteuer. Die Serie lief auch hierzulande im Kinderprogramm und erschien sogar auf DVD. Den Film gibt's bislang nur als frankophonen Import, wobei die britische Version immerhin englische Untertitel mitbringt. (Altersempfehlung: ab 5 - sofern die Kleinen Französisch oder Englisch können...)
18 von 20 Studiocanal / Arthaus
"Der Illusionist" (F/GB 2010)Ein alternder französischer Varietémagier reist in den 50ern nach Schottland, wo er zwar kein neues Publikum, aber eine Ersatztocher findet. Die subtile, fast dialoglose Melanchomödie von Sylvain Chomet ("Das große Rennen von Belleville") beruht auf einem nie verfilmten Drehbuch des französischen Komödiengenies Jacques Tati ("Mein Onkel"). Umstritten ist der Film, weil Chomet nie Kontakt zu Tatis verleugneter Tochter Helga Marie-Jeanne Schiel aufnahm. Tatis Schuldgefühle gelten schließlich als Inspiration für das Drehbuch. (Altersempfehlung: ab 8)
19 von 20 Ascot Elite Home Entertainment
2. WEIHNACHTSTAG"Ernest & Célestine" (B/Lux./F 2012)FR, 25.12., KiKA, 19:25 UhrKünstlermäuschen freundet sich mit Bohemien-Bär an. Die Artgenossen der beiden sind schockiert! Diese liebevoll getuschte Kinderbuchverfilmung des belgischen Kreativduos Aubier/Patar (siehe auch "A Town Called Panic") ist entwaffnend putzig, streckenweise aber bissig. 2014 war der Spaß für den Animations-Oscar nominiert, verlor aber gegen Disneys "Eiskönigin". (Altersempfehlung: ab 6)
20 von 20 Anime Limited
"Patema Inverted" (Jap. 2013)Was im Realfilm "Upside Down" (2012, mit Kirsten Dunst und Jim Sturgess) so gar nicht funktionierte, ist in der Animevariante sympathisch und mitreißend: Nach einem missglückten Experiment existieren zwei verfeindete Welten, von denen eine auf dem Kopf steht. Diese Steampunk-Variante von "Romeo und Julia" ist bislang nur als Import erhältlich. (Altersempfehlung: ab 8)
